Wozu Latein?

„Weg mit dem Gerümpel!“, rufen die einen.
Das Lob des Lateins singen die anderen.

Dazwischen stehen die Eltern, ratlos angesichts der Frage, welcher Sprache sie ihre Kinder anvertrauen sollen. Gehen sie vom Standpunkt der Nützlichkeit aus, führen Englisch, Spanisch und Französisch zur unmittelbaren Anwendbarkeit des Erlernten. Damit können ihre Kinder sich im Ausland verständigen, können sich auf Reisen ausdrücken, was sie wollen, können sich mit Ausländern unterhalten.

Was aber spricht für das „tote“ Latein?


Die Schule wird niemals in der Lage sein, ein halbes Dutzend Sprachen zu vermitteln. Will sie aber ihrem Anspruch, für das Leben auszubilden, genügen, muss und möchte sie eine Basissprache anbieten, deren System und Struktur zur Vermittlung allgemeiner Sprachkunde geeignet ist. Die fundierte Kenntnis der Sprache Latein soll in der Schule, aber auch an Universitäten und erst recht im späteren Berufsleben, dazu befähigen, sich schnell und selbstständig in fremde Sprachen einzuarbeiten.

Wem sind nicht die Eigenheiten und Regeln der eigenen Muttersprache erst beim Erlernen des Latein so richtig aufgegangen?


Latein war Jahrhunderte lang die Sprache der Wissenschaft. Auch heute noch werden Tausende von neuen Begriffen in Forschung und Technik aus ihr abgeleitet.

Die Lernpsychologie hat festgestellt, dass der Lernprozess durch Wiedererkennen von Bekanntem, aber auch durch das Begreifen des Kontrastes zum Gewohnten in besonderer Weise gefördert wird. Diese Erkenntnis unterstreicht die Notwendigkeit, eine klar strukturierte Fundamentalsprache wie das Latein an den Beginn jeder systematischen Sprachausbildung setzen.

Es mag dahingestellt sein, ob Latein in besonderer Weise das logische Denken fördert. Wesentlich ist vielmehr, dass der Umgang mit lateinischen Texten zu einem bewussten verbalen Denken erzieht.


Diese Erziehung zu bewusstem Sprachgebrauch muss aber, soll sie erfolgreich sein, so früh wie möglich beginnen. Daher ist es sinnvoll, sich in Klasse 6 für Latein als zweite Fremdsprache zu entscheiden.

Nicht zu vergessen ist, dass der Lateinunterricht als Vermittler der römischen und griechischen Kultur fungiert, er ist eben nicht nur Sprach-, sondern auch Sach- und Kulturunterricht und führt uns damit zu unseren eigenen Wurzeln und denen Europas.

Der Lateinunterricht ist heute so angelegt, dass bei genügender Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Schüler im Unterricht eine Hilfe des Elternhauses nicht erforderlich ist. Deshalb sollten auch Eltern, die selbst nicht Latein gelernt haben, es wagen, ihrem Kind den Zugang zu Latein zu eröffnen.