Ein Jahr als Austauschschüler im Ausland – ist dies sinnvoll?

Seit vielen Jahren gibt es die Gelegenheit des Sprach- Austausches.  Ins Ausland zu reisen, um eine neue Sprache zu lernen,  ist «fun». Natürlich wird diese Mode bei Schulen und zahlreichen Sprachferienagenturen durch viele verschiedene Programme unterstützt. Allgemein  wird  dieses Projekt von der Mehrheit der Verwandten, von Freunden, Bekannten und sogar Lehrern) gefördert. Man wird als privilegiert betrachtet. Diese alle  sind überzeugt davon, dass es nur Vorteile gibt, dass es nur perfekt passieren kann. Sprachferienagenturen verkaufen diesen Aufenthalt als «Urlaub». Also stellt sich die Frage, ob der Aufenthalt wirklich sinnvoll und womöglich sogar wirklich ein Urlaub ist.

Das Hauptargument für einen Sprachaustausch ist, dass man eine neue Sprache lernt, denn dies ist immer gut für die Zukunft und die Ausbildung. Man hat anschließend  auch mehr Chancen und Arbeitsmöglichkeiten. Zum Beispiel macht man bei einer Bewerbung den Unterschied zwischen den anderen Kandidaten durch die Sprache.  Sprachen sind auch wichtig, um zu reisen. Auf jeden Fall sind  Sprachen allgemein in unserer Welt, unserer Gesellschaft sehr wichtig und ins Ausland zu gehen ist  der beste Weg, um eine neue Sprache zu lernen.

Dafür, ins Ausland zu reisen, spricht auch, dass es eine ganz neue Erfahrung  ist. Dort wird alles neu sein; der Ort, die Umgebung, die Kultur und die Leute. Man hat die Gelegenheit, neue Leute  kennen zu lernen. Dort fängt man  ein neues Leben an und für manche ist dies  aufregend und spannend. Man sieht die Welt aus einer anderen Perspektive, man macht eine neue Erfahrung und man entdeckt etwas ganz Neues. Es ist ein Abenteuer. Zum Beispiel war in meinem Fall das Leben in einer ländlichen Umgebung ganz anders als mein Leben zu Hause in der Stadt. Natürlich war dies am Anfang ein Schock, aber im Lauf der Zeit  gewöhnt man sich daran.

Hinzu kommt, dass man reifer wird. Man lernt viel über sich selbst; seinen Geschmack, seine Stärken und Schwächen und seine Werte. Man lernt viel über das Leben und die Menschen. Man hat einen Schritt vorwärts gemacht.

Ein weiteres Argument dafür ist, dass diese Erfahrung sehr gut für die persönliche Entwicklung ist. Nachher wird  man auf jeden Fall  psychisch stärker sein. Durch alles, was man  erlebt hat,  fühlt man sich  zuständiger, man ist  reifer, man ist weltoffener, man hat weniger Angst vor dem Unbekannten und mehr Offenheit, man entwickelt seine Belastbarkeit und seine Widerstandsfähigkeit. Natürlich  ist man deutlich selbstständiger.  Man ist beispielsweise allein während seines Aufenthaltes (d.h. ohne seine Familie, Freunde, Verwandte) und man muss selbst zurechtkommen, selber entscheiden, sich anpassen, geduldig sein und Widerstand leisten können usw.                                                                                                   

Also alles, was  man erlebt hat, hat positive Wirkungen für seine persönliche Entwicklung und Erziehung. Man findet seinen richtigen Weg. Man ist ohne seine Familie, das heißt, man hat mehr Freiheiten, größere Selbstständigkeit, bekommt keine dauerhaften Befehle mehr von ihr. Manche Jugendliche finden das toll.

Andererseits muss man wissen, dass alles nicht perfekt und wunderschön ist. Tatsächlich gibt es nämlich auch ein paar Nachteile.

Ein  Argument gegen einen Austausch ist, dass man Pech oder Unglück haben kann. Der Aufenthalt kann toll, aber auch sehr schlecht sein. Es kommt  auf das Schicksal an. Wenn man beispielsweise in einem tollen Ort mit angehnehmen Leuten und mit einer sehr netten Gastfamilie ist, bietet dieser Aufenthalt in  dieser Atmosphäre nicht dieselbe Erfahrung wie umgekehrt.

Ein weiterer bekannter Einwand gegen den Austausch ist das Heimweh. Denn am Anfang  ist es sehr schwer, keines zu haben, und es ist sicherlich die Hauptschwierigkeit eines Austausches. Das heißt, man fühlt sich «allein» ohne seine Verwandten, nicht an und in seinem richtigen Ort und denkt oft an sein früheres Leben, man denkt zum Beispiel über seine Familie nach, sein Heimatland, seine Kultur, seine Freunde und offensichtlich erinnert man sich nur an die guten  Momente, die man erlebt hat. Es ist leidvoll und am Anfang sehr schwer,  nicht daran zu denken. Alles was man hatte, vermisst man.

Das Hauptargument gegen einen  Austausch ist, dass er einfach sehr schwer und anstrengend  ist, insbesondere  psychisch,  aber sogar auch körperlich. In seelischer Hinsicht muss man Geduld haben:  im Ausland ist man ein «Ausländer», man muss Opfer bringen: sein altes Leben sozusagen verlassen und vorübergehend vergessen, sich an die lokale Kultur anpassen, neugierig sein und abenteuerlustig. Außerdem kann man manche Frustration bekommen, weil man in einer Situation gehandicapt ist,  wenn man sich zum Beispiel noch nicht vollständig ausdrücken kann und man nicht alles versteht aufgrund der neuen fremden Sprache. Und es nervt einen selbst besonders, wenn man ein Thema beherrscht und dann einfach redet, aber die anderen einen nicht verstehen.  Dadurch kann man einen Teil seines Selbstvertrauens verlieren.

Von vielen Leuten wird man unterschätzt, weil sie einen nicht kennen und dies ist frustrierend. Man muss auch seine Emotionen kontrollieren; es gibt Höhen und Tiefen, Freuden und Sorgen. Es herrscht ein ständiger Wechsel zwischen Glück, Fröhlichkeit, Lustigkeit und Hoffnungen einerseits und Frustrationen, Misserfolg, Niedergeschlagenheit, Enttäuschungen und Traurigkeit anderseits. Man muss ständig emotionale Schocks ertragen und kontrollieren. Das ist die schwierigste Aufgabe. Außerdem geht manchmal trotz eines intensiven Engagement, einer intensiven Beteiligung und Aufmerksamkeit alles nicht in die gewünschte Richtung. Manche Tage  klappen gut, an manch anderen klappt alles falsch. Das ist entmutigend und nicht gut für die Moral, aber man muss dem trotzdem widerstehen und nicht aufgeben, also belastbar sein. Man muss auch viel Mut und ein bisschen Kühnheit haben. Offen zu sein, neugierig, interessiert an der lokalen Kultur, diplomatisch und fröhlich zu sein sind äußerst wichtig, obwohl es nicht immer einfach ist. All diese Aspekte machen einen Austausch sehr anstrengend.

Dazu kommt der körperliche Bereich. Man hört nicht so viel darüber, aber man muss wissen, dass man am Anfang schnell erschöpft ist, weil man sich in anderen Umgebungen befindet und besonders ist einem neuen Rhythmus. Dadurch, die neue Sprache zu lernen, ist man vollständig müde und nicht nur  am Abend! Der Kampf gegen der Schlaf ist eine wirkliche Störung im Ausland, weil man ein bisschen seine Konzentration, seine Bewusstheit verliert. Es schadet dem Aufenthalt, weil man unproduktiv ist und damit nicht die nötigen Voraussetzungen mitbringt, um die neue Fremdsprache optimal zu lernen. Die Hauptgründe dieser Störung sind, dass man ständig darauf achten muss, in der Fremdsprache aufmerksam zuzuhören, zu arbeiten, lernen, studieren, verstanden zu werden, sich anzupassen, ständig im Gespräch/Kontakt/Verhältnis mit neuen und fremden Leuten zu sein. Dazu kommt der Stress und manchmal hat man Angst. Man fühlt sich auch übermüdet. Auf jeden Fall ist es körperlich anstrengend. Ich habe zum Beispiel von August bis Dezember vier Kilo abgenommen,  dabei war ich nicht fett und befand mich in Deutschland!!! Also ein Jahr im Austausch ist definitiv schwer, fast so wie eine Wüste zu überqueren. Natürlich man muss wissen, dass es dabei auf jeden einzelnen Charakter ankommt: Jeder Mensch ist einzigartig und für manche es ist leichter…für manche schwerer - man muss auch selbstkritisch sein.

Ein weiteres Argument gegen einen Austausch  ist das Risiko, den Kontakt, das Verhältnis zu deinem Heimatland und den „Link“, den Bund zu deinem alten Leben zu verlieren. Tatsächlich geht ja in deinem Heimatland  das Leben ohne einen selbst  weiter. Und natürlich verpasst man dort etwas, wie zum Beispiel Partys, Feste, Events usw. Dies kann die Moral beeinflussen und ihr schaden. Man muss wissen, was man wirklich will und infolgedessen Opfer bringen. Obwohl man natürlich auch coole Unterhaltungen im Ausland erlebt.

Nach Abwägung dieser Argumente bin ich der Meinung, dass ein Jahr als  Austausch-Schüler im Ausland sinnvoll ist. Aber man muss unbedingt den guten Geist und psychischen Zustand haben, natürlich auch Interesse an dieser Sprache und sich interessiert an dem Land und der Kultur zeigen. Und das Wichtigste ist:  das Abenteuer muss man mögen und die Lust, seine Bequemzone zu verlassen. Ein Austausch ist auch sinnvoll, wenn man in den Ort total eintauchen kann. Das heißt sich fokussiert, konzentriert auf das, was dort passiert, nicht seinen Kopf irgendwo anders hat, um sich gut zu integrieren und dadurch voll die lokale Kultur zu genießen. Das wiederum heißt Opfer zu bringen, weltoffen zu sein, sich anzupassen, manche Einschränkung zu akzeptieren für die erwartete Zukunft; der Lohn entspricht der Höhe des Opfers. Dann nämlich kann ein Austausch für einen selbst sehr lukrativ sein - und nicht nur im sprachlichen Bereich. Ein Austausch ist ein großes Abenteuer mit gelebten Erfahrungen und tollen Anekdoten, Erinnerungen, die man sicherlich das  ganze Leben nicht vergessen wird. Man wird sich auch verändert haben, nicht mehr derselbe sein wie zuvor, besser und stärker geworden sein durch den Austausch. Man wird viel mehr gelernt haben als ein  einfacher und klassischer Sprachkurse bringen kann, wie zum Beispiel die Offenheit usw. Das ist genau der Mehrwert eines Austauschs im Vergleich zu einen normalen Deutsch-Unterricht in der Schule. Wenn man jedoch nicht den guten Geist und keine Lust aufbringt, kann der Austausch ein Albtraum werden und ein großer  Zeitverlust. In diesen Fall ist ein Austausch sicherlich nicht sinnvoll. Deshalb ist es nützlich, darüber seriös nachzudenken und zu wissen, was man wirklich braucht und will. Denn man muss selbst entscheiden, bewusst sein und sich zuständig fühlen. Einen Austausch zu machen bedeutet, ihn ernst zu nehmen, man muss sich ernsthaft engagieren mit Lust und eine auf Nachdenken beruhende schwerwiegende Entscheidung treffen.                                                                                               

Den Austausch zu wählen heißt:  in ein Abenteuer, in das Unbekannte zu gehen. In den meisten Fällen geht es sehr gut, aber es kann zur Hölle werden.

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